Gedanken zu Jesaja 45:
Da spricht Jehova ein wichtiges Thema an: wir Menschen neigen dazu, auch mit unserem Gott zu hadern, wenn es nicht so läuft, wie wir es uns gedacht haben oder wünschen!
In Vers 9 sagt er von uns: “Wehe dem, der mit deinem Schöpfer hadert und ihn fragt, ‘was tust du?’”. Davor erzählt er, was er alles für sein Volk tun wird, und wir lesen in der Bibel ständig davon, dass er diejenigen beschützt, die treu zu ihm halten. Wir haben ja bereits im vergangenen Jahr länger darüber nachgedacht, dass wir nicht immer “auf der sicheren Seite” mit unserem Gott sind und auch Beispiele aufgeführt, die das Gegenteil bezeugen.
Aber nun kommen wir zu einem Problem, das ich persönlich schon seit einer geraumen Weile habe: ich weiss um all die Verheißungen, die uns Jehova in seinem Wort gibt und ich weiss und bin überzeugt davon, dass er dies auch kann und tut. Aber aufgrund der vielen schlimmen Dinge, die in den vergangenen Jahren bei uns passiert sind, habe ich die Zuversicht verloren, dass er dies auch bei uns tun will. Da ich aber nicht mit meinem Gott hadern will, schlucke ich dies herunter und dies macht sich dann darin Luft, dass ich nicht über meine Angst hinausgehe.
Erst Anfang der Woche fragte mich eine “alte” Freundin, wie es bei mir zu so einem Rückfall in die Phobie kommen konnte, hatte ich doch Ende 2000 meine Angst so toll besiegt, dass ich sogar nach Holland oder an die Ostsee gefahren bin und mit einem Wochenendticket ganz allein vom Harz nach Iserlohn. Selbst die ersten Jahre hier in Berlin waren super toll, wir waren laufend unterwegs, sogar bis nach Potsdam, Belitz oder zum Wildtierpark bei Zoosen. Und nun komme ich nicht mal um den See oder wenn, dann unter sehr großen Schwierigkeiten. Die Schwester, mit der ich gestern unten am See war, fragte, wie das seinerzeit bei mir angefangen hatte mit der Phobie und warum es jetzt nicht mehr klappt. Sie hat sogar mit mir auf der Bank gebetet – dennoch hat es fast die ganzen zwei Stunden gebraucht, bis der unwiderstehliche Drang zum Weglaufen nachliess.
Ich versuchte, ihr zu erklären, dass ich sehr wohl überzeugt bin, dass Jehova helfen kann und es auch tut, aber nicht mehr glaube, dass er das bei mir will. Das war etwas kompliziert, da Lucy nicht so gut Deutsch spricht und ich nicht so gut Englisch, dass ich solche Dinge in ihrer Sprache formulieren könnte.
Heute habe ich mir zwei Ansprachen von Joyce Meyer angehört und die Quintesenz war:
Der einzige Weg die Angst zu überwinden – ist, es mit Angst zu tun
Erlaube deiner Angst nicht, dein Leben zu manipulieren und einzuschränken. Lass dich durch die Angst nicht davon abhalten, Dinge zu tun, die du tun willst oder die richtig sind.
(“Die Schmerzen der Gefühle überwinden” und “Beherrsche deine Gefühle”)
Langsam stehe ich wieder unter Zeitdruck, denn bereits in der Besuchswoche im Mai konnten wir nicht so mitmachen, wie wir wollten – wegen der doofen Phobie – und der nächste Besuch kommt bereits Anfang August und dann noch mal Mitte bis Ende August. Diesmal wollen wir nicht wieder hier allein am See die Leute ansprechen, sondern mit dem Team in den Mauerpark gehen. Denn die opfern alle ihren Urlaub und kommen von weit her, um unsere Gruppe zu unterstützen. Und ich kann nicht einmal die kleine Distanz bis zum Mauerpark überwinden.
Aber ich merke auch, dass ich mich selbst immer mehr unter Druck setze und dieser Druck mir Kraft raubt und mir das Gefühl gibt, ich würde es nie schaffen ;-(
Warum kann ich nur nicht weiterhin so freudig und offenherzig auf meinen Gott vertrauen, wie ich es noch bis vor gut 2 Jahren getan habe? Liegt es wirklich an dem, was er zugelassen hat und dass ich dies eine niemals von IHM gedacht hätte? Mache ich mit meiner “Weigerung”, über die Angst hinauszugehen – also es trotzdem zu tun, trotz und mit der Angst – Jehova Vorwürfe darüber, was er getan (oder hier in meinem Fall “nicht getan”) hat?
Versuche ich den Vorwurf zu umgehen, indem ich ihn nicht ausspreche und mich weigere, darüber nachzudenken – und macht es sich dann wirlich in dieser Form Luft?
Als ich am Wochenende auf der Suche nach einigen Traktaten und Broschüren war, die wir in den Besuchswochen im August verwenden könnten, bin ich auch über eine ganz besondere gestolpert, sie hieß: “Von mir aus ist diese Sache geschehen” und geht auf das Gute ein, das ja auch durch solche Erfahrungen bewirkt wird.
in dem Buch “Lege deine Nerven in Gottes Hand” geht der christliche Nervenarzt darauf ein, dass oftmals Egoismus die Wurzel für unsere Probleme ist: So ist ein Mensch, der sich selbst ständig beobachtet, ob nicht Schlimmes mit ihm und seinem Körper passiert, ständig mit sich selbst beschäftigt und sieht daher nicht das, was um ihn herum passiert und viel wichtiger ist. Denn solche Personen – ich zähle mich schamvoll dazu – sind in der Regel pumperlgesund und das bin ich auch, wenn man von der Arthrose absieht, die meine ganzen Gelenke befallen hat. Aber nicht sie plagt mich so sehr, sondern die meisten Schmerzen sind Verspannungsschmerzen – aufgrund anhaltender Spannung und Besorgnis. Auch Personen, die ständig wütend und gereizt sind, haben das Problem, dass sie sich selbst und ihr eigenes Befinden viel zu wichtig nehmen.
In der einen Ansprache von Joyce Meyer vorhin sagte sie etwas Ähnliches, wie Thom: wir denken viel zu viel darüber nach, was wir tun, anstatt es zu tun. Es steht uns nicht zu, morgens beim Aufwachen zu sagen “ich bin noch müde, ich bleibe liegen” – wenn wir einem Beruf nachgehen. Und es kann auch nicht angehen, dass ich ständig sage “wir können da nicht mitmachen, weil es mir nicht gut geht und ich Angst habe”, denn ich entscheide dann für meinen Mann mit und im Mai auch für die ganze Gruppe, die sich dann zum Nachteil aller anderen genötigt sah, den Ansprechdienst hier an den See zu verlegen. Das ist sehr egoistisch und ich habe ehrlich gesagt noch nie darüber so richtig nachgedacht.
Auch gestern mit Lucy – sie wäre gern mit mir um den See geschlendert, mal hier und mal dort eine kurze Rast. Und was hat sie bekommen? Auf der ersten Bank war Schluß. Gut, sie war es, die die Bank vorgeschlagen hatte und es hätte vielleicht eher ganz rum geklappt, wenn wir durchgegangen wären – so wie ich es dann mit Thom mache. Aber eigentlich ist es Blödsinn, ich hätte nur einfach gehen müssen. Ich wäre ganz bestimmt nicht tot umgekippt und wenn ich mich dabei unwohl gefühlt hätte, dann wäre es mein Problem gewesen. So habe ich es aber zu ihrem Problem gemacht und das war nicht fair.
Ein Punkt, den mir meine Tochter heute vorwirft – sie hatte wegen mir und meiner blöden Panik wirklich auf vieles verzichten müssen und am Anfang hier in Berlin habe ich mich geschämt, dass ich all die Dinge mit meinem Mann und der Stieftochter unternommen habe, auf die sie seinerzeit verzichten musste, weil es nicht ging. Ich hatte Angst!
In mehreren Ansprachen von Joyce Meyer habe ich die Geschichte einer Frau gehört, die Zeit ihres Lebens ihre Wohnung nicht verließ und sich bei einer Freundin darüber ausheulte, wie arm dran sie doch sei, so zu bedauern. Die Freundin hörte sich das an und fragte dann: “Warum tust du es denn nicht?”, “weil ich Angst habe”. “Wenn das so ist”, überlegte die Freundin, “warum tust du es dann nicht mit der Angst?”
Ja, warum tue ich es nicht? Weil ich das Gefühl der Angst nicht haben will. Es ist zu schmerzhaft für mich und fühlt sich für mich zu bedrohlich an. Aber es ist weder gefährlich, noch bedrohlich und wenn ich meinen Verstand einschalten würde, dann müsste ich mich eigentlich selbst ohrfeigen – denn ich weiß es aus Erfahrung. Seit Ende 2000 ist es nicht mehr nur etwas, was mir Ärzte und Psychologen sagen, sondern ich habe es selbst erlebt: die Angst tut mir nichts und wenn ich mich darauf einlasse, dann geht sie von selbst wieder weg. Der beste Trick war schon immer: mutig der Angst entgegen zu gehen und sie herauszufordern. Denn das mag sie überhaupt nicht und verschwindet in der Regel. Aber weil ich in der letzten Zeit so viele schmerzhafte Erfahrungen damit gemacht habe, weigere ich mich wohl innerlich, den richtigen und so wichtigen Schritt zu tun. Auf Kosten meiner Umwelt.
Statt dessen bin ich enttäuscht von meinem Gott, dass er mich so hängen lässt, wie es sich für mich anfühlt und dass er all die schlimmen Dinge zugelassen hat. Dabei liegt es jetzt ganz allein an mir. Niemand kann mir das abnehmen, ich muss es ganz allein tun. Jehova sichert mir in seinem Wort zu, dass er mich nicht allein lassen wird und dass er es nur soweit zulassen wird, wie ich es auch ertragen kann. Aber er fordert mich auf, den Schritt zu tun Wieder ein Gedanke, den ich aus den verschiedensten Ansprachen kenne, sei es von Bayless Conley, John Angelina oder Johannes Harl. Alle sagen das selbe: du musst schon den Schritt tun, das kann dir niemand abnehmen!
Dies wird auch sehr anschaulich in der neuesten Ansprache von Joyce Meyer gezeigt, wo sie den “Fels” wegrollt – “Rollt den Stein beiseite”
Wie kann ich mich bei Jehova darüber beschweren, dass ich aus dem Loch nicht herauskomme, wenn ich selbst nicht bereit bin, den entscheidenen Schritt zu tun? Wie haben wir heute gehört? “Der einzige Weg aus der Angst heraus ist es, es mit der Angst zu tun”
Jule | 07.24.13 | eigene Gedanken zum Geschehen, Fragen, die ich mir gestellt habe, Nachforschungen zum Bibellesen, Vorträge | No Comments |