Gottes Barmherzigkeit gegenüber der Menschheit im zwanzigsten Jahrhundert

WT 01.06.1976

„Es ist so, wie er auch in Hosea sagt: ‚Die nicht mein Volk sind, will ich „mein Volk“ nennen und sie, die Nichtgeliebte, „Geliebte“; und an dem Ort, wo zu ihnen gesagt wurde: „Ihr seid nicht mein Volk“, dort werden sie „Söhne des lebendigen Gottes“ genannt werden‘ “
(Röm. 9:25, 26).

SICHER sind wir alle froh, daß sich unsere Eltern liebevoll und erbarmend um uns gekümmert, haben, als wir noch hilflose Babys waren. Frauen sind froh, wenn ihre Männer liebevoll und mitfühlend auf ihre Unpäßlichkeiten, Gemütsschwankungen und Schwächen Rücksicht nehmen. Sie finden die vor neunzehnhundert Jahren niedergeschriebenen Worte, mit denen Ehemänner ermahnt werden, barmherzig zu sein, heute noch passend: „Ihr Ehemänner, wohnt gleicherweise weiterhin bei ihnen gemäß Erkenntnis, indem ihr ihnen als einem schwächeren Gefäß, dem weiblichen, Ehre zuerkennt, da auch ihr mit ihnen Erben der unverdienten Gunst des Lebens seid“ (1. Petr. 3:7).

2 Es gibt auch heute noch Menschen, die sich bemühen, nach den Worten aus der berühmten Bergpredigt zu leben: „Glücklich sind die Barmherzigen, da ihnen Barmherzigkeit erwiesen werden wird“ (Matth. 5:7). Sie sind glücklich, weil sie den Schöpfer der Menschheit und seine Barmherzigkeit gegenüber unserem widerspenstigen Geschlecht nachahmen. Doch immer mehr Menschen zweifeln daran, daß der Schöpfer barmherzig ist. Sie sagen vorwurfsvoll: „Wenn es einen Gott gibt, warum läßt er dann die schlechten Zeiten und all das Böse auf der Erde zu? Wenn er wirklich allmächtig ist, warum hat er kein Erbarmen mit uns? Warum macht er nicht allem ein Ende und läßt uns das Leben endlich genießen?“ Solche Leute setzen sich dem Einfluß der schockierenden Theorie aus, die besagt, Gott sei tot, das heißt „tot“, soweit es sein Interesse an der Menschheit und seine Barmherzigkeit ihr gegenüber betrifft. Sie denken wahrscheinlich, sie seien barmherziger als dieser „tote“ Gott. Sie sehen keine Beweise der Barmherzigkeit Gottes im zwanzigsten Jahrhundert.

3 Haben wir aber auch schon daran gedacht, daß Gottes Zulassung des Bösen und der schlechten Zeiten in Wirklichkeit einem barmherzigen Zweck dienen könnte? Wenn Gott zum Beispiel das Böse nicht dulden würde, könnte er keine Barmherzigkeit erweisen. Hat das Böse auf der Erde nicht schon Jahrtausende vor unserer Geburt bestanden? Wenn Gott, der Allmächtige, dem Bösen also schon früher ein Ende gemacht hätte, wären wir dann heute hier und am Leben?

4 Aus zuverlässigen geschichtlichen Aufzeichnungen geht hervor, daß der Schöpfer des Himmels und der Erde vor über 4 300 Jahren (2370 v. u. Z.) einer Welt, die voller Gewalttat und Bosheit war, ein Ende machte. Er führte die Sintflut herbei, in der nur acht Menschen in einer riesigen dem Wasser standhaltenden Arche mit dem Leben davonkamen. Demzufolge starben die Tausende und aber Tausende von Familien, die nicht in die von Noah und seinen Söhnen erbaute Arche hineingegangen waren, in jener Weltkatastrophe aus. Wir haben es also Noah, Sem, Ham und Japhet und ihren treuen Frauen zu verdanken, daß wir heute, im zwanzigsten Jahrhundert, am Leben sind (1. Mose 6:1 bis 9:19).

5 Könnten wir es also nicht als einen Beweis der Barmherzigkeit Gottes betrachten, daß wir heute am Leben sind? Ja, trotz der Ausbreitung von Gewalttat und Gesetzlosigkeit, durch die sich das zwanzigste Jahrhundert auszeichnet, übt Gott immer noch „Barmherzigkeit“. Es erhebt sich jetzt nur die Frage: Wie lange läßt Gott das Böse in der Welt noch zu, damit Menschen aus seiner Geduld und Barmherzigkeit Nutzen ziehen können? Gemäß den Hinweisen in der Bibel nicht mehr allzulange. Beklagen wir uns also nicht über Gottes Zulassung des Bösen auf der Erde! Machen wir uns vielmehr seine Barmherzigkeit zunutze! Dann wird er, wenn er nun in Kürze allem Bösen unter den Menschen ein Ende machen wird, nicht auch unserem Leben ein Ende machen. Er wird uns Barmherzigkeit erweisen und uns in eine gerechte, friedliche neue Ordnung auf der Erde hinüberleben lassen. Wir sollten daher genauso eingestellt sein wie der christliche Apostel Paulus, der schrieb:

6 „Was? Hat der Töpfer nicht Gewalt über den Ton, um aus derselben Masse ein Gefäß für einen ehrenhaften Gebrauch, ein anderes für einen unehrenhaften Gebrauch zu machen? Wenn nun Gott, obwohl gewillt, seinen Zorn zu zeigen und seine Macht kundzutun, die Gefäße des Zornes, die zur Vernichtung passend gemacht sind, mit viel Langmut duldete, damit er den Reichtum seiner Herrlichkeit an Gefäßen der Barmherzigkeit kundtun könnte, die er zur Herrlichkeit im voraus bereitet hat, nämlich uns, die er nicht nur aus den Juden berufen hat, sondern auch aus den [nichtjüdischen] Nationen, was dann? Es ist so, wie er auch in Hosea sagt: ,Die nicht mein Volk sind, will ich „mein Volk“ nennen und sie, die Nichtgeliebte, „Geliebte“; und an dem Ort, wo zu ihnen gesagt wurde: „Ihr seid nicht mein Volk“, dort werden sie „Söhne des lebendigen Gottes“ genannt werden‘ “ (Röm. 9:21-26; siehe ferner 1. Petrus 2:9, 10).

Gottes Problem mit seinem Weib

7 Wer war dieser Hosea, aus dessen Schriften der Apostel Paulus die obigen Worte zitierte? Hosea war ein Prophet, der im neunten und achten Jahrhundert v. u. Z. lebte. Der Apostel Paulus entnahm seine Zitate aus Hosea 1:10 und 2:23 der griechischen Septuaginta. Dort heißt es: „Es wird aber geschehen, daß an dem Ort, wo zu ihnen gesagt wurde: Ihr seid nicht mein Volk, sie Kinder des lebendigen Gottes genannt werden.“ „Und ich werde sie mir im Lande einpflanzen und sie, die Nichtgeliebte, lieben; und zu denen, die nicht mein Volk waren, werde ich sagen: Du bist mein Volk; und sie werden sagen: Du, der Herr, bist mein Gott“ (The Septuagint Bible von Charles Thomson).

8 Jehova Gott spricht hier durch den hebräischen Propheten Hosea, seinen Wortführer. Mit den Worten: ‘Ich werde sie, die Nichtgeliebte, lieben’ oder: ‘Ich will die Nichtgeliebte „Geliebte“ nennen’ deutete Jehova an, daß zwischen ihm und derjenigen, die er eine Zeitlang nicht geliebt hatte, ein Problem bestand. Die Art und Weise, wie er darüber spricht, läßt erkennen, daß es sich um ein Problem handelt, das in seiner Ehe mit ihr entstanden war. Er vergleicht sie mit der Frau eines Mannes.

9 Von wem spricht Jehova so, als ob sie mit ihm vermählt wäre? Nicht von einer einzelnen buchstäblichen Frau. Durch seine eigenen Worte zeigt Jehova, daß es sich dabei um ein Volk, um die Nation Israel, die Nachkommen der Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob, handelt, also um ein aus einer Nation oder Organisation bestehendes sinnbildliches „Weib“. Jehova war mit der Organisation der zwölf Stämme Israels vermählt. Im Nahen Osten war es üblich, eine Frau durch Kauf zu erwerben, und auf diese Weise war die Nation der zwölf Stämme Israels ihrem Gott, Jehova, angetraut worden.

10 Wann wurde diese Ehe geschlossen? Im Jahre 1513 v. u. Z., nachdem Jehova die zwölf Stämme Israels erkauft hatte. Wie? Indem er sie aus der Sklaverei in Ägypten befreite. Unter der sichtbaren Führung des Propheten Moses brachte Jehova sie zum Berg Sinai auf der arabischen Halbinsel. Dort machte er ihnen durch Moses, seinen Mittler, den Vorschlag, mit ihm einen Bund zu schließen. Dieser Bund sollte auf einer Sammlung von Gesetzen beruhen, denen sich die Nation Israel bereitwillig unterordnete, wie sich damals eine Frau dem Gesetz ihres Mannes unterordnete (Röm. 7:2). Vom Berg Sinai aus sagte Jehova zu den Israeliten: „Nun, wenn ihr meiner Stimme genau gehorchen und meinen Bund wirklich halten werdet, dann werdet ihr bestimmt mein besonderes Eigentum aus allen anderen Völkern werden, denn die ganze Erde gehört mir. Und ihr, ihr werdet mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation werden“ (2. Mose 19:1-6). Nachdem die Israeliten entsprechend unterrichtet worden waren, gingen sie bereitwillig diesen Bund ein.

11 Auf diese Weise ging Jehova als der himmlische Ehegemahl dort in der Wildnis Sinai mit der Nation Israel, seiner weibesähnlichen irdischen Organisation, eine Ehe ein. Diese heilige Verbindung kam über dem vergossenen Blut von Tieropfern zustande. Ein Teil dieses Blutes wurde auf das Buch des Gesetzes Gottes und ein Teil auf das Volk Israel gesprengt (2. Mose 24:1-8; Hebr. 9:19, 20). Von da an waren die Israeliten, solange der Gesetzesbund in Kraft war, verpflichtet, Jehova, ihrem Gott, treu zu sein, wie eine Frau ihrem Mann treu sein sollte. Gemäß den Zehn Geboten mußten sie Jehova als ihren Gott anbeten, durften dabei aber keine Bilder verwenden (2. Mose 20:1-6). Sie sollten sich als sein „besonderes Besitztum“ betrachten, das keinem anderen Besitzer gehörte. Sie waren als Nation Jehova etwas Heiliges und sollten es auch bleiben, indem sie sich von den weltlichen Nationen fernhielten. Durch diese Handlungsweise hätten sie die eheliche Gemeinschaft aufrechterhalten (Jer. 2:2, 3; 31:31, 32).

12 Heute sind Ehescheidungen an der Tagesordnung. In diesen Fällen handelt es sich um Verbindungen, an denen nur zwei Personen, ein Mann und eine Frau, beteiligt sind. Welche Aussichten bestanden also für eine Ehe zwischen Jehova und einer ganzen Nation, zu der Millionen Menschen gehörten? Diese Frage sollte uns heute interessieren, denn das, was mit jener Ehe geschah, war ein prophetisches Bild von dem, was mit einer ähnlichen später geschlossenen Ehe geschehen sollte. Das, was mit der Ehe zwischen Jehova und Israel geschah, wirkte sich nur auf e i n e Nation aus. Das, was jedoch mit seiner später geschlossenen Ehe geschieht, wird sich auf die ganze religiöse Welt, ja auf die ganze Menschheitsfamilie auswirken. Mit anderen Worten, wir werden alle davon betroffen. Das könnte für einen jeden von uns Unheil in naher Zukunft bedeuten. Darum ist eine Betrachtung der Ehe Jehovas mit dem damaligen Volk Israel und dessen, was dadurch dargestellt wurde, für uns so wichtig.

Was durch Hosea dargestellt wurde

13 Nach einigen Jahrhunderten war die Nation Israel nicht mehr damit zufrieden, nur Jehova, ihren unsichtbaren himmlischen Ehegemahl, als König zu haben. Auf ihr Verlangen gestattete er deshalb im Jahre 1117 v. u. Z., daß Saul vom Stamme Benjamin zu ihrem ersten menschlichen König gesalbt wurde. Saul wurde Jehova aber untreu. Darum ließ Jehova nicht zu, daß das Königtum über ganz Israel in Sauls Familie weiterbestand, sondern übertrug es auf David, den Sohn Isais vom Stamme Juda. Im Jahre 1077 v. u. Z. begann David als König zu regieren. Im Jahre 1070 v. u. Z. machte er Jerusalem zur Hauptstadt seines Reiches, zu dem alle zwölf Stämme gehörten. Da David an der wahren Anbetung festhielt, schloß Jehova mit ihm einen feierlichen Bund, durch den er ihm und seinem Haus ein ewigwährendes Königtum zusicherte. Davids königliche Geschlechtslinie endete daher bei dem Messias, der für immer König sein wird (Apg. 13:20-24; 2. Sam. 7:1-17).

14 König Salomo, der erste Nachfolger Davids, fiel schließlich von der reinen Anbetung Jehovas, des wahren Gottes, ab und begann, töricht zu handeln. Gottes Strafe dafür bestand darin, daß das Reich der Nachfolger König Salomos auf zwei Stämme, nämlich Juda und Benjamin, zusammenschrumpfte, denn unter der Herrschaft Rehabeams, des Sohnes König Salomos, fielen zehn Stämme von ihm ab und errichteten ein unabhängiges Königreich, über das Jerobeam, der Sohn Nebats, zum König gemacht wurde. Dieser Rebellenkönig führte einen besonderen Kult ein, um dadurch die Anbetung Jehovas in Salomos Tempel in Jerusalem zu ersetzen. Er verleitete das Zehnstämmereich Israel zur Anbetung zweier goldener Kälber, von denen das eine in Bethel und das andere in Dan errichtet worden war. In den Tagen Omris, des siebenten Königs des Zehnstämmereiches Israel, wurde die Stadt Samaria erbaut und zur Landeshauptstadt gemacht.

15 König Omris Sohn Ahab führte in Samaria die Anbetung Baals, des Gottes der Sidonier, ein und errichtete ihm dort einen Tempel (1. Kö. 16:23-33). Durch diese treulose Handlungsweise beging das Zehnstämmereich Israel Ehebruch; es verließ den himmlischen Ehegemahl des ganzen Volkes Israel und ging eine unsittliche Verbindung mit dem falschen Gott Baal als nationalem Eheherrn ein (Hos. 9:10).
16 Und was ist von den Königen des Zweistämmereiches Juda zu sagen? Sie schwankten zwischen der reinen Anbetung Jehovas und der Anbetung falscher Götter hin und her. König Ahas, der zwölfte König, von David an gerechnet, wandte sich der Anbetung falscher Götter zu. Er verschloß sogar die Türen des Tempels Jehovas in Jerusalem. Aber sein Sohn, König Hiskia, öffnete sie wieder und stellte die reine Anbetung im Königreich Juda wieder her. Hoseas segensreiche Tätigkeit als Prophet erstreckte sich bis in die Regierungszeit König Hiskias. Er befand sich selbst mitten in dem Geschehen, über das er sprach.

Ein widerwärtiger Dienstauftrag

17 Wie wäre uns wohl zumute, wenn unser Vater, nachdem wir ins heiratsfähige Alter gekommen sind, von uns verlangen würde, daß wir eine Frau heiraten, die nachher Ehebruch begehen und uns schließlich wegen ihres Geliebten verlassen würde? Das wäre uns bestimmt zuwider. Doch ungefähr so erging es Hosea. Seine Geschichte ist keine Dichtung, kein Phantasieprodukt, keine Legende.

18 Dieser Hosea, der eine historische Gestalt ist, schildert uns die Tatsachen in dem Buch, das seinen Namen trägt. Seine Vertrauenswürdigkeit läßt sich durch mindestens sieben Zitate in den später geschriebenen inspirierten Schriften (von Matthäus bis Offenbarung) nachweisen. Sogar der Gründer des Christentums führte ihn an. Wir haben somit allen Grund, Hoseas Bericht über den Dienstauftrag, den er als Prophet Jehovas erhalten hatte, ernst zu nehmen; wir sollten nicht denken, es handle sich dabei lediglich um eine frei erfundene Geschichte, die zur Unterhaltung von Freunden pornographischer Schriften geschrieben worden sei. Da die prophetische Bedeutung der Handlungsweise Hoseas genau auf die Geschichte eines noch heute lebenden Volkes paßt, können wir wirklich davon überzeugt sein, daß der Bericht der Wahrheit entspricht.

19 Hosea zeigt in der Einleitung genau, in welcher Zeit der nachweislichen Geschichte der zwölf Stämme Israels er gelebt hat, indem er sich mit den Worten vorstellt: „Das Wort Jehovas, das an Hosea, den Sohn Beeris, in den Tagen des Usija, Jotham, Ahas und Hiskia, der Könige von Juda, und in den Tagen Jerobeams, des Sohnes Joas’, des Königs von Israel, erging“ (Hos. 1:1). Usija, Jotham, Ahas und Hiskia waren Nachkommen des Königs David und regierten in Jerusalem über das Zweistämmereich Juda. Usija begann im Jahre 829 v. u. Z., als König zu regieren, und Hiskias Herrschaft endete im Jahre 716 v. u. Z. Die Regierungszeit dieser Könige umfaßte also insgesamt 113 Jahre. Jerobeam, der Sohn des Joas, war der zweite in der Linie der Könige des Zehnstämmereiches Israel, der diesen Namen trug. Er war also Jerobeam II.

20 Der Urgroßvater dieses Jerobeam war König Jehu, der Sohn Nimschis. Jehu rottete den Baalskult im Zehnstämmereich Israel aus und ließ Isebel, die diesen Kult in Israel mit gemeinen Mitteln gefördert hatte, aus einem Fenster stürzen, so daß sie tot liegenblieb. Jerobeam II. begann als König zu regieren, als Amazja König über Juda war. Jerobeams Regierungszeit fiel zum Teil noch mit der Regierungszeit König Usijas, des Nachfolgers Amazjas, zusammen. Jehova Gott machte Hosea also in der Zeit zum Propheten, als Jerobeam und Usija gleichzeitig regierten, oder nach dem Jahre 829 v. u. Z.

21 Können wir uns vorstellen, wie Hosea wahrscheinlich reagierte, als das geschah, was er als nächstes berichtet? „Da war ein Beginn des durch Hosea ergangenen Wortes Jehovas, und Jehova sprach dann zu Hosea: ,Geh, nimm dir ein Weib der Hurerei und Kinder der Hurerei, denn durch Hurerei wendet sich das Land bestimmt davon ab, Jehova zu folgen‘ “ (Hos. 1:2).

22 Schockiert es uns, zu erfahren, daß Hosea zu Beginn seiner Prophetenlaufbahn einen solchen Befehl erhielt? Jehova befahl ihm jedoch nicht, eine Frau zu heiraten, die bereits eine Hure war. Die Frau, mit der sich Hosea verheiraten sollte wird nicht als eine Frau (oder ein Weib) bezeichnet, ‘das Hurerei trieb’, sondern Jehova nennt sie „ein Weib der Hurerei [buchstäblich: der Hurereien]“. Übrigens hätte diese Frau, die doch Jehovas sinnbildliches irdisches „Weib“ darstellen sollte, nicht in das Bild gepaßt, wenn sie von Anfang an eine lüsterne Hure gewesen wäre. Jehova hatte sich mit einem sittlich reinen „Weib“, mit einer Jungfrau, vermählt oder verehelicht, damit sie ihm in geistigem Sinne legitime Kinder hervorbringe. Der Ausdruck „Kinder der Hurerei“ deutet somit prophetisch an, was für „Kinder“ Jehova in geistigem Sinne erhalten würde, das heißt, zu was für „Kindern“ sich diese entwickeln würden. Wieso? Weil Jehova sagt: „Denn durch Hurerei wendet sich das Land bestimmt davon ab, Jehova zu folgen.“ Mit dem hier erwähnten „Land“ ist das Zehnstämmereich Israel gemeint.

23 Hosea gehorchte dem göttlichen Befehl, obwohl die Aussichten auf eine gute Ehe für ihn im Augenblick schlecht waren. So begann er seine Laufbahn als Prophet Jehovas. „Und er ging dann hin und nahm Gomer, die Tochter Diblajims, so daß sie schwanger wurde und ihm mit der Zeit einen Sohn gebar“ (Hos. 1:3).

24 Dieser Sohn Hoseas war ein ehelicher Sohn, kein „Sohn der Hurerei“, der von Hosea hätte adoptiert werden müssen. Welchen Namen sollte Hosea ihm am achten Tag nach der Geburt, als er beschnitten werden sollte, geben? Da der Name des Knaben prophetisch sein sollte, sagte Jehova, der das prophetische Drama leitete, wie Hosea ihn nennen sollte. Der Name sollte auf einen Vorsatz Jehovas aufmerksam machen. „Und Jehova sprach weiter zu ihm: ,Nenne seinen Namen Jesreel, denn noch eine kleine Weile, und ich werde bestimmt Abrechnung halten wegen der Taten des Blutvergießens Jesreels am Hause Jehus, und ich werde gewißlich die Königsherrschaft des Hauses Israel aufhören lassen. Und es soll an jenem Tage geschehen, daß ich den Bogen Israels in der Tiefebene Jesreel zerbrechen muß‘ “ (Hos. 1:4, 5).

25 Demnach sollte sowohl über die Dynastie König Jehus — und zwar nach der vierten Generation — als auch über das ganze Zehnstämmereich Israel Unheil kommen. Dieses Königreich umfaßte den größeren Teil des einst vereinigten Zwölfstämmereiches Israel, der ursprünglichen Nation Israel. Diese Nation war im Jahre 1513 v. u. Z. in der Wildnis Sinai mit Jehova Gott einen geistigen Ehebund eingegangen. Das geschah, als der mosaische Bund, der Gesetzesbund, zwischen Israel und Jehova geschlossen wurde. Nach den Bestimmungen dieses Ehebundes sollte die Zwölfstämmenation Israel Jehova treu bleiben, indem sie nur ihn als Gott anbetete. Sie durfte sich nicht des geistigen Ehebruchs schuldig machen, indem sie ihn verließ, um falsche Götter anzubeten.

26 Jehovas Ehe mit Israel wurde durch Hoseas Ehe mit Gomer, deren Name „Vollendung“ bedeutet, versinnbildlicht. Logischerweise stellte Gomer dann die Nation Israel dar. In den Tagen Hoseas vertraten aber die Stämme, die das Zehnstämmereich Israel geworden waren, ganz Israel. Nachdem dieses Reich nun schon über 150 Jahre bestanden hatte, war das „Land“ tatsächlich so geworden, wie Jehova es beschrieb, als er sagte: „Durch Hurerei wendet sich das Land bestimmt davon ab, Jehova zu folgen.“

27 Als die Nation Israel unter dem Propheten Moses gegründet worden war, befand sie sich in einem reinen Zustand, doch nun trafen die Worte des von Jehova inspirierten Propheten Hosea (Hos. 10:1, 2) auf sie zu: „Israel ist ein entartender Weinstock. Frucht bringt er ständig für sich hervor. [Ein wilder Weinstock war Israel, und er trug reichlich Frucht (nach der Übersetzung von Moffatt).] Entsprechend der Fülle seiner Frucht hat er seine Altäre gemehrt. Entsprechend dem Guten seines Landes stellten sie gute Säulen [geweihte Steine, Einheitsübersetzung] auf. Ihr Herz ist heuchlerisch geworden; nun werden sie für schuldig befunden werden.“

Die prophetische Bedeutung des Namens „Jesreel“

28 Im Hinblick auf das, was Jehova gegen das in geistigem Sinne ehebrecherische Israel unternehmen wollte, sagte er zu Hosea, er solle seinen ersten Sohn, den ihm Gomer geboren hatte, Jesreel nennen. Dieser Name war sehr passend, denn in der Sprache Hoseas (Hebräisch) bedeutete er „Gott wird säen“. Ja, Gott würde „säen“, aber nicht in gutem Sinne. An dieser Stelle hat „säen“ die Bedeutung von „ausstreuen“ oder „versprengen“, denn wenn man Samen sät, streut man ihn aus. Das gegen das königliche Haus Jehus gerichtete Vorgehen Jehovas, das dem Ausstreuen von Samen gleichen sollte, würde den Untergang dieser Dynastie, ihren Zerfall, bedeuten. Ein ähnliches Vorgehen gegen das Zehnstämmereich Israel würde dessen Zerfall, dessen Vernichtung, bedeuten. (Vergleiche Lukas 22:31.)

29 Jesreel war eine Residenzstadt des Königs Ahab von Israel, dessen eigentliche Hauptstadt Samaria war. Jesreel war später auch die Residenzstadt der Dynastie König Jehus. Jehu hatte im Gehorsam gegenüber dem Auftrag Jehovas den Baalskult im Königreich Israel schonungslos ausgerottet. Er betete jedoch weiter die beiden goldenen Kälber an und ging nicht nach Jerusalem, um Jehova anzubeten. Durch die Anbetung von Götzenbildern übertrat das Haus Jehus das zweite der Zehn Gebote. Es verstieß auch gegen das Gebot: „Du sollst nicht morden“ (2. Mose 20:2-6, 13).

30 Mit der Zeit wurde die kälberanbetende Dynastie König Jehus, die ihren Sitz in Jesreel hatte, für ihr Blutvergießen bekannt. Das konnte Gott, der die Zehn Gebote gegeben hatte, nicht übersehen. Deshalb sagte er: „Ich werde bestimmt Abrechnung halten wegen der Taten des Blutvergießens Jesreels am Hause Jehus“ (Hos. 1:4). Genauso geschah es auch. Die Herrschaft der Dynastie König Jehus über Israel fand ein jähes Ende, als Sacharja, der Sohn Jerobeams II., nachdem er sechs Monate regiert hatte, ermordet wurde (2. Kö. 15:8-12).

31 Auf diese Weise endete die Herrschaft der Dynastie König Jehus über Israel im Jahre 791 v. u. Z. Das Zehnstämmereich Israel blieb danach aber noch einundfünfzig Jahre, nämlich bis zum Jahr 740 v. u. Z., bestehen. Dann ‘ließ Jehova die Königsherrschaft des Hauses Israel aufhören’ (Hos. 1:4). Er benutzte die assyrische Weltmacht, um ‘den Kriegsbogen Israels in der Tiefebene Jesreel zu zerbrechen’. Die Einnahme Samarias, der Hauptstadt Israels, war für die abtrünnige Nation eine Erniedrigung. Ihre Macht wurde gleichsam zerstreut, als die überlebenden Israeliten in die fernen Provinzen des assyrischen Reiches weggeführt, also wie Samen ausgestreut wurden. Dieses schreckliche Erlebnis entsprach der sinnbildlichen Bedeutung des Ausdrucks „Tiefebene Jesreel [Gott wird Samen säen]“. Es war gerade das Gegenteil von dem, was geschah, als der Richter Gideon, der Befreier Israels, mit nur 300 ausgewählten Kriegern die plündernden Midianiter unweit von Megiddo, in der Nähe der „Tiefebene Jesreel“, zerstreute (Ri. 6:33, 34). Im Jahre 740 v. u. Z. war jedoch kein Befreier da, und das Zehnstämmereich Israel war kampfunfähig geworden. Deshalb ‘hörte es zu bestehen auf’ oder ging unter.

32 Wissen wir, was all das für uns heute bedeutet? Wir sollten uns darüber im klaren sein, denn die erwähnten Dinge spielen sich heute, im zwanzigsten Jahrhundert, in Verbindung mit dem Gegenstück des in geistigem Sinne ehebrecherischen, untreuen Israel erneut ab. Dieses Gegenstück ist die Christenheit, zu der in der ganzen Welt nahezu eine Milliarde Kirchenmitglieder gehören. Angesichts des Unheils, das der Christenheit droht, könnten wir uns fragen: „Wem erweist denn Jehova Gott Barmherzigkeit?“ Wenn wir unsere Betrachtung der Handlungsweise Jehovas mit seinem Propheten Hosea fortsetzen, werden wir es erfahren.

Jule | 07.07.11 | Hosea, Nachforschungen zum Bibellesen |

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