Auf Zornausbrüche richtig reagieren

*** g79 8. 1. S. 3-4 Auf Zornausbrüche richtig reagieren ***

Auf Zornausbrüche richtig reagieren

DIE Bremsen quietschen, während der Zug kurz vor dem Bahnhof die Fahrt verlangsamt. Zwei Fahrgäste haben einen kurzen Wortwechsel miteinander. Ein dritter, ein Ausländer, mischt sich ein mit den Worten: „Haltet euer Maul!“ Darauf erwidert einer der Streitenden: „Hau ab in dein Land!“ „Soll ich machen, daß du dein Maul hältst?“ entgegnet drohend der 21jährige Ausländer. Zornglühend versetzt der Mann: „Dann mach’s doch, du Trottel!“ Das sind seine letzten Worte, denn der Ausländer zieht eine Pistole und feuert vor den Augen der entsetzten Fahrgäste vier Schüsse auf den Mann ab. Dieser ist sofort tot. „Jetzt wirst du endlich dein Maul halten“, brummt der junge Mann, während er den Zug verläßt. Auf dem Bahnsteig wird er verhaftet.

Dieser Vorfall zeigt, wie man reagieren kann, wenn ein anderer zornig ist. Aber wie tragisch es für beide Männer ausging!

Hast du dir nicht auch schon häßliche Bemerkungen oder einen zornigen Wortschwall anhören müssen? Wie hast du dann reagiert? Wie verhält man sich am besten in einer solchen Situation? Soll man Gleiches mit Gleichem vergelten? Der eine oder andere mag die Ansicht teilen, die in einem Leitartikel zum Ausdruck gebracht wurde, der überschrieben war: „Warum es nützlich ist, ordentlich wütend zu werden“.

Das Erlebnis eines Königs, der in alter Zeit lebte, zeigt, wie man bei Zornausbrüchen auch reagieren kann. Doch könnten wir uns vorweg fragen: „Ist ein solches Verhalten in unserem Zeitalter der Gewalttaten zweckmäßig?“

David, ein israelitischer König, floh mit seinen Begleitern vor seinem Sohn, der sich zum Thronräuber gemacht hatte. Plötzlich begegneten sie Schimeï, einem Nachkommen des Königs Saul. Schimeï schrie:

„Geh weg, geh weg, du mit Blutschuld beladener Mann und du nichtsnutziger Mann! Jehova hat die ganze Blutschuld hinsichtlich des Hauses Sauls, an dessen Stelle du als König geherrscht hast, auf dich zurückgebracht; und Jehova gibt das Königtum in die Hand deines Sohnes Absalom. Und da bist du in deinem Unglück, weil du ein mit Blutschuld beladener Mann bist!“ (2. Sam. 16:7, 8).

Welch haßerfüllte Worte! Und das vor den Ohren des Königs! Wie würde David darauf reagieren? Sein Feldherr bat: „Laß mich doch hinübergehen und ihm den Kopf abnehmen.“

Wie hättest du reagiert? David befand sich in großer Bedrängnis. Man hatte ihm das Herz seines Volkes gestohlen. Sein Sohn war zum Verräter geworden. Seine Räte hatten ihn verlassen. Er hatte sein Königreich verloren, und jetzt wurde er auch noch verspottet und verflucht! Als „nichtsnutziger Mann“ („Mann Belials“ [Elberfelder Bibel]; der Ausdruck „Belial“ wurde später auf den Teufel angewandt) bezeichnet zu werden war die schlimmste Beleidigung, denn damit war ein ganz gemeiner Mensch gemeint. David entgegnete jedoch schlicht:

„So laßt ihn Übles herabrufen, denn Jehova selbst hat zu ihm gesagt: ,Rufe Übles auf David herab!‘ Wer also sollte sagen: ,Warum hast du so getan?‘ . . . Laßt ihn . . . Vielleicht wird Jehova es mit seinem Auge sehen, und Jehova wird mir tatsächlich Gutes erstatten an Stelle seines heutigen Fluches“ (2. Sam. 16:10-12).

David reagierte nicht mit bösen Worten, sondern gab eine milde Antwort. Das Ergebnis? Es wurde kein Blut vergossen. Und wer war einer der ersten, die David entgegengingen, als er seinen Königsthron zurückerhielt? Und wer entschuldigte sich bei ihm und bat um Vergebung? Richtig! Es war Schimeï (2. Sam. 19:16 bis 23).

„Das hat sich vor 3 000 Jahren zugetragen“, mag der eine oder andere jetzt einwenden. „Wir leben in einer anderen Zeit. Heutzutage muß man sich wehren, sonst trampeln die Leute auf einem herum. ,Man sollte eine milde Antwort geben‘ — das hört sich zwar gut an, bringt aber heute nichts mehr ein.“

Gutunterrichtete Personen sind jedoch anderer Meinung. Man beachte folgenden Rat:

„Falls egoistische Leute dich zu übervorteilen versuchen, streiche sie von deiner Liste, aber versuche nicht, dich zu rächen. Wenn du es versuchst, schadest du dir selbst mehr als den andern“ (Dienstvorschrift der Polizeibehörde in Milwaukee, Wisconsin). (Kursivschrift von uns.)

„Der Ausdruck ,Ich bin fast gestorben vor Wut‘ hat in den Augen eines Psychiaters eine ernste buchstäbliche Bedeutung. Dieser Psychiater ist der Meinung, daß man in vielen Fällen, besonders bei jüngeren Personen, Zorn als Todesursache angeben könnte“ (Family Health). (Kursivschrift von uns.)

„Die Herzspezialisten wissen schon seit Jahren, daß der Zorn eine der gefährlichsten Emotionen ist. Einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall gehen oft schwere emotionale Streßperioden voraus“ (New York Sunday News). (Kursivschrift von uns.)

Das alles bestätigt die Nützlichkeit der Handlungsweise Davids. Aber wie kannst du sie nachahmen? Es ist leicht, ‘mild zu antworten’, wenn einen nichts ärgert und niemand da ist, der einen reizt. Doch wie sollte man auf Widerwärtigkeiten reagieren? (Spr. 15:1).

Mit den Worten „Jehova selbst hat zu ihm gesagt: ,Rufe Übles auf David herab!‘ “ gestand David ein, daß er gesündigt hatte und mit Recht gezüchtigt wurde. Was Schimeï ihm jedoch vorwarf (Blutschuld in Verbindung mit dem Hause Sauls), traf nicht zu, denn David hatte sich davor gehütet, Saul zu töten (1. Sam. 24:1-7; 26:7-11). Doch David hatte eine Sünde begangen, für die er jetzt büßen mußte, und er erkannte auch an, daß er vor Gott schuldig war (2. Sam. 12:10, 11). Es ist so, wie ein Bibelkommentator schreibt: „Ein demütiger, sanfter Geist wandelt Vorwürfe in Zurechtweisungen um und zieht so Nutzen daraus, anstatt sich darüber zu ärgern.“

Wir vermögen ruhiges Blut zu bewahren, wenn wir demütig sind und einsehen, daß an dem, was unser Gegner sagt, etwas Wahres sein könnte, und wenn wir uns dessen bewußt sind, daß wir Fehler machen. Ist eine Anklage vollkommen grundlos — wie die Schimeïs —, dann sollte man daran denken, daß Gott über uns ganz anders denkt als engstirnige Menschen.

Wir sind unvollkommen, und deshalb kann es passieren, daß uns die Bemerkungen eines anderen gelegentlich ärgern. Doch das sollte uns nicht entmutigen. Im ersten Jahrhundert kam es einmal zwischen zwei christlichen Aufsehern zu einem „heftigen Zornausbruch“. Aber sie grollten einander nicht, sondern lösten das Problem durch zweckmäßiges Vorgehen (Apg. 15:36-39). Das ist auch dir möglich. Man kann sich zum Beispiel abreagieren, indem man sich körperlich betätigt. Nein, befolge nicht den Rat eines Experten: „Zerbrich Bleistifte, gehe in eine Toilette und schlag mit dem Fuß gegen sämtliche Türen!“ Mach vielmehr einen Spaziergang, spiele mit einem Ball, oder arbeite im Garten (Jak. 3:2).

Davids Rat in Psalm 37:8 lautet: „Steh ab vom Zorn und laß den Grimm; erhitze dich nicht, nur um übelzutun.“ Gibt es heute Leute, die diesen guten Rat beherzigt haben? Ja, die gibt es. Ein Beispiel ist der Fidschianer, der seine Frau schlug, weil sie mit Jehovas Zeugen die Bibel studierte. Er schlug sie nicht nur, sondern sperrte sie auch aus und störte eine große Zusammenkunft der Zeugen Jehovas. Schließlich beschloß er aus reiner Neugierde, eine ihrer Zusammenkünfte zu besuchen. Er berichtet:

„Weil ich die Zeugen Jehovas so schändlich behandelt hatte, fürchtete ich mich davor, frostig empfangen zu werden. Doch ich erlebte eine Überraschung: Diese Menschen waren freundlich zu mir und hegten keinen Groll. . . . der Bruder, den ich am schlimmsten von allen behandelt hatte, anerbot sich, mit mir die Bibel zu studieren, und ich nahm das Angebot an. Jetzt erkenne ich, wie groß Jehovas Barmherzigkeit ist, der mir vergeben hat, obschon ich sein Volk und meine Frau so mißhandelt habe.“

Als Zeuge Jehovas bemüht sich dieser Mann jetzt, die Früchte des Geistes hervorzubringen, zu denen Frieden, Langmut, Güte, Milde und Selbstbeherrschung gehören (Gal. 5:22, 23). Wenn man solche Eigenschaften entwickelt, kann man auf Zornausbrüche richtig reagieren.

Jule | 04.15.11 | David, ergänzender Stoff |

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