Beherrschen unsere persönlichen Umstände unser Leben?
WT vom 01.06.2004
IN DEN gegenwärtigen ‘kritischen Zeiten’ muss jeder mit beunruhigenden Umständen und Problemen rechnen (2. Timotheus 3:1). Manchmal sind Probleme nur vorübergehender Natur, also bald wieder verschwunden. Andere bleiben dagegen monate- oder sogar jahrelang bestehen. In solch einem Fall empfinden viele wie der Psalmist David, der Jehova mit den Worten anrief: „Meines Herzens Nöte haben sich gemehrt; o bring mich aus meinen Bedrängnissen heraus!“ (Psalm 25:17).
Haben wir mit bedrückenden Problemen zu kämpfen? Wenn ja, dann können wir in der Bibel Hilfe und Ermunterung finden. Wir wollen uns einmal mit dem Leben von zwei treuen Dienern Jehovas beschäftigen, die Schwierigkeiten gemeistert haben: Joseph und David. Wie sie mit Widrigkeiten umgingen, zeigt uns, wie wir heute mit ähnlichen Belastungen fertig werden können.
In ernsten Schwierigkeiten
Als Joseph 17 Jahre alt war, bekam er die Folgen eines ernsten Problems in der eigenen Familie zu spüren. Seine älteren Brüder sahen, dass Jakob, ihr Vater, Joseph „mehr liebte als alle seine Brüder“. Deshalb „begannen sie ihn zu hassen, und sie vermochten nicht, friedlich mit ihm zu reden“ (1. Mose 37:4). Wir können uns vorstellen, wie besorgniserregend und belastend diese Situation für Joseph gewesen sein muss. Der Hass seiner Brüder steigerte sich schließlich so sehr, dass sie ihn in die Sklaverei verkauften (1. Mose 37:26-33).
Als Sklave in Ägypten musste Joseph den unmoralischen Annäherungsversuchen der Frau seines Herrn widerstehen. Verärgert über Josephs Zurückweisung, beschuldigte sie ihn einer versuchten Vergewaltigung. Man „übergab ihn dem Gefängnishaus“, wo ihm Folgendes widerfuhr: „In Fesseln zwangen sie seine Füße, in Eisenbande kam seine Seele“ (1. Mose 39:7-20; Psalm 105:17, 18). Wie schwierig das für ihn gewesen sein muss! Etwa 13 Jahre lang war Joseph Sklave beziehungsweise Gefangener, weil er von anderen ungerecht behandelt worden war, sogar von seinen eigenen Angehörigen (1. Mose 37:2; 41:46).
David, der im alten Israel lebte, hatte als junger Mann ebenfalls manche Härten zu ertragen. Jahrelang war er auf der Flucht, weil er von König Saul wie ein Tier gejagt wurde. Davids Leben war ständig in Gefahr. Bei einer Gelegenheit bat er den Priester Ahimelech um Lebensmittel (1. Samuel 21:1-7). Als Saul erfuhr, dass Ahimelech David geholfen hatte, ließ er nicht nur Ahimelech hinrichten, sondern auch alle anderen Priester samt ihren Familien (1. Samuel 22:12-19). Können wir uns vorstellen, wie sehr es David geschmerzt haben muss, diese Tragödie indirekt ausgelöst zu haben?
Joseph und David mussten tatsächlich jahrelang Widrigkeiten und schlechte Behandlung ertragen. Daraus, wie sie mit ihrer schwierigen Situation umgingen, können wir wertvolle Lehren ziehen. Befassen wir uns mit drei Bereichen, in denen diese Männer ein nachahmenswertes Beispiel gegeben haben.
Von Groll und Bitterkeit ablassen
Diese treuen Männer ließen vor allem nicht zu, dass sich in ihnen Bitterkeit und Groll festsetzten. Als Joseph im Gefängnis war, hätte er durchaus über den Verrat seiner Brüder verbittert nachgrübeln und sich ausmalen können, wie er sich bei einem eventuellen Wiedersehen an ihnen rächen würde. Woher wissen wir, dass sich Joseph nicht solch destruktiven Gedanken hingab? Dazu brauchen wir uns nur anzusehen, wie er reagierte, als er dann tatsächlich Gelegenheit hatte, sich an seinen Brüdern zu rächen, die nach Ägypten gekommen waren, um Getreide zu kaufen. Der Bericht lautet: „[Joseph] wandte sich . . . von ihnen ab und begann zu weinen. . . . Danach gab Joseph den Befehl, und man füllte dann ihre Behälter mit Getreide. Auch musste man das Geld der Männer zurückgeben, jedem einzelnen in seinen Sack, und ihnen Proviant für die Reise geben.“ Als Joseph später seine Brüder wegschickte, um ihren Vater nach Ägypten zu holen, ermutigte er sie: „Erregt euch nicht gegeneinander auf dem Weg.“ In Wort und Tat bewies Joseph, dass er sich sein Leben nicht durch Bitterkeit und Groll ruinieren ließ (1. Mose 42:24, 25; 45:24).
David handelte ähnlich, denn er ließ keinen Groll gegen König Saul aufkommen. Zweimal bot sich David die Gelegenheit, Saul zu töten. Doch als David von seinen Männern dazu aufgefordert wurde, sagte er: „Es ist im Hinblick auf Jehovas Standpunkt für mich undenkbar, dass ich meinem Herrn, dem Gesalbten Jehovas, diese Sache antun sollte, indem ich meine Hand gegen ihn ausstrecke, denn er ist der Gesalbte Jehovas.“ David überließ die Angelegenheit Jehova, denn er erklärte seinen Männern: „So wahr Jehova lebt, Jehova selbst wird ihn schlagen; oder sein Tag wird kommen, und er wird sterben müssen, oder er wird in die Schlacht hinabziehen, und er wird gewiss weggerafft werden.“ Später verfasste David sogar ein Klagelied, in dem er den Tod Sauls und seines Sohnes Jonathan betrauerte. Genauso wenig wie Joseph ließ sich David von Groll verzehren (1. Samuel 24:3-6; 26:7-13; 2. Samuel 1:17-27).
Hegen wir Groll oder sind wir verbittert, weil uns irgendein Unrecht schmerzt? Das kann leicht geschehen. Wenn wir uns von unseren Gefühlen beherrschen lassen, kann das ernstere Folgen für uns haben als das Unrecht an sich (Epheser 4:26, 27). Auch wenn wir vielleicht nur wenig oder gar keinen Einfluss darauf haben, was andere tun, können wir zumindest unsere eigene Reaktion beherrschen. Es ist leichter, von Groll und Bitterkeit abzulassen, wenn wir überzeugt sind, dass sich Jehova zu gegebener Zeit um die Angelegenheit kümmern wird (Römer 12:17-19).
Aus unseren persönlichen Umständen das Beste machen
Die zweite Lehre, die wir daraus ziehen können, lautet wie folgt: Lassen wir unser Leben nicht durch unsere persönlichen Umstände lähmen. Das, was wir nicht tun können, kann uns so sehr beschäftigen, dass wir ganz vergessen, was uns immer noch möglich ist. In diesem Fall würden wir uns zunehmend von unseren persönlichen Umständen beherrschen lassen. So hätte es Joseph ergehen können. Er zog es jedoch vor, aus den gegebenen Umständen das Beste zu machen. Joseph war zwar nur ein Sklave, aber er ‘fand fortwährend Gunst in den Augen seines Herrn und bediente ihn ständig, sodass er ihn über sein Haus einsetzte’. Selbst im Gefängnis ging Joseph ähnlich vor. Weil Jehova Joseph segnete und weil er ein fleißiger Mann war, „gab der oberste Beamte des Gefängnishauses alle Gefangenen, die sich im Gefängnishaus befanden, in die Hand Josephs; und es erwies sich, dass alles, was man dort tat, von ihm getan wurde“ (1. Mose 39:4, 21-23).
Auch David machte in den Jahren seines Flüchtlingsdaseins das Beste aus seinen persönlichen Umständen. Als er sich in der Wildnis Paran aufhielt, beschützte er mit seinen Männern die Herden Nabals vor Plündererstreifscharen. „Als eine Mauer um uns her haben sie sich erwiesen bei Nacht wie bei Tag“, sagte einer der Hirten Nabals (1. Samuel 25:16). Später, während seines Aufenthalts in Ziklag, überfiel David feindliche Städte an der Südgrenze Israels, wodurch er die Grenzen Judas sicherte (1. Samuel 27:8; 1. Chronika 12:20-22).
Müssen wir uns womöglich mehr bemühen, aus unseren persönlichen Umständen das Beste zu machen? Das ist zwar nicht ganz so einfach, aber wir können es schaffen. Der Apostel Paulus schrieb in einer Rückschau auf sein Leben: „Ich habe gelernt, unter welchen Umständen ich mich auch immer befinde, selbstgenügsam zu sein. . . . In allem und unter allen Umständen habe ich das Geheimnis kennen gelernt, sowohl satt zu sein als auch zu hungern, sowohl Überfluss zu haben als auch Mangel zu leiden.“ Wie konnte Paulus diese Lebenseinstellung entwickeln? Durch sein beständiges Vertrauen auf Jehova. Er räumte ein: „Für alles bin ich stark durch den, der mir Kraft verleiht“ (Philipper 4:11-13).
Auf Jehova warten
Die dritte Lehre: Statt zu unbiblischen Mitteln zu greifen, um an unseren persönlichen Umständen etwas zu ändern, sollten wir auf Jehova warten. Der Jünger Jakobus schrieb: „Lasst das Ausharren sein Werk vollständig haben, damit ihr vollständig und in jeder Hinsicht gesund seid und es euch an nichts fehlt“ (Jakobus 1:4). Dem Ausharren sollten wir gestatten, „sein Werk vollständig [zu] haben“, indem wir eine schwere Belastung durchstehen, ohne zu unbiblischen Mitteln zu greifen, um ihr schnell ein Ende zu machen. Dann wird unser Glaube erprobt und geläutert werden und seine stärkende Kraft wird deutlich. Joseph und David bewiesen diese Art von Ausharren. Sie versuchten nie, auf eine Lösung hinzuwirken, die womöglich den Unwillen Jehovas erregt hätte. Stattdessen bemühten sie sich, das Beste aus den gegebenen Umständen zu machen. Sie warteten auf Jehova. Und welche Segnungen sie dafür doch empfingen! Jehova gebrauchte beide, um sein Volk zu befreien und zu führen (1. Mose 41:39-41; 45:5; 2. Samuel 5:4, 5).
Auch wir stehen vielleicht einmal vor einer Situation, in der wir versucht sein könnten, nach unbiblischen Lösungen zu suchen. Sind wir beispielsweise entmutigt, weil wir noch keinen passenden Ehepartner gefunden haben? Wenn ja, sollten wir uns vor jeder Versuchung hüten, gegen Jehovas Gebot zu verstoßen, „nur im Herrn“ zu heiraten (1. Korinther 7:39). Haben wir Eheprobleme? Statt uns vom Geist der Welt anstecken zu lassen, der Trennung und Scheidung befürwortet, sollten wir uns bemühen, die Probleme gemeinsam zu lösen (Maleachi 2:16; Epheser 5:21-33). Fällt es uns aufgrund der wirtschaftlichen Situation schwer, für unsere Familie zu sorgen? Auf Jehova zu warten schließt auch ein, nicht zu versuchen, durch fragwürdige oder ungesetzliche Unternehmungen zu Geld zu kommen (Psalm 37:25; Hebräer 13:18). Ja, wir alle müssen uns bemühen, aus unseren persönlichen Umständen das Beste zu machen, und etwas tun, was Jehova segnen kann. Seien wir zudem fest entschlossen, auf Jehova zu warten, der für die vollkommene Lösung sorgen wird (Micha 7:7).
Jehova wird uns stützen
Es kann für uns wirklich nützlich sein, uns damit zu befassen, wie biblische Personen wie Joseph und David mit Enttäuschungen und schwierigen Situationen fertig wurden. Das, was von den beiden berichtet wird, umfasst zwar nur einige wenige Seiten in der Bibel, aber ihre Schwierigkeiten hielten in Wahrheit jahrelang an. Fragen wir uns: Wie gelang es diesen Dienern Gottes, sich mit ihren persönlichen Umständen abzufinden? Wie bewahrten sie ihre Freude? Welche Charaktereigenschaften mussten sie ausbilden?
Es empfiehlt sich auch, das Ausharren neuzeitlicher Diener Jehovas zu betrachten (1. Petrus 5:9). Die Zeitschriften Der Wachtturm und Erwachet! enthalten jedes Jahr viele Lebensberichte. Lesen wir sie und denken wir über das Beispiel dieser treuen Christen nach? Gewiss haben wir auch in unserer Versammlung Mitchristen, die unter wenig erfreulichen Umständen treu ausharren. Haben wir in den Zusammenkünften der Versammlung regelmäßig Gemeinschaft mit den Betreffenden und lernen wir von ihnen? (Hebräer 10:24, 25).
Wenn uns schwierige Umstände zu schaffen machen, können wir uns darauf verlassen, dass Jehova für uns sorgen und uns stützen wird (1. Petrus 5:6-10). Gehen wir bewusst dagegen an, unser Leben von unseren persönlichen Umständen beherrschen zu lassen. Folgen wir dem Beispiel Josephs, Davids und anderer, indem wir von Groll ablassen, das Beste aus unserer Situation machen und auf Jehova warten, der für die vollkommene Lösung sorgen wird. Durch das Gebet und durch christliche Aktivitäten können wir ihm noch näher kommen. Dann werden auch wir erkennen, dass es möglich ist, selbst in schwierigen Zeiten Freude zu haben und glücklich zu sein (Psalm 34:8).
Jule | 04.02.11 | David, Josef |
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