Die Apostelin

Maria Magdalenas Mut, ihrer Trauer zu begegnen macht sie zur ersten Zeugin der Auferstehung. Gedanken zum Predigttext für Ostersonntag

 

Maria Magdalena und der auferstandene Jesus am leeren Grab – eine wunderschöne, eine berührende Geschichte. Maria ist überwältigt von ihrer Trauer um den Verlust des geliebten Menschen Jesu. Ihre Augen sind verschleiert von dem Fluss ihrer Tränen. Doch sie stellt sich ihrem Schmerz, sie schaut hinein in das Zentrum des Grauens.

Und sie sieht zwei Engel, einen zu Häupten und einen zu den Füßen des Leichnams, der aber nicht mehr da ist. Die Engel als Zwischenwesen von Himmel und Erde begleiten Jesus bei seiner Geburt hinein in diese Welt und bei seinem Tod hinaus aus dieser Welt. Maria Magdalenas Augen aber sind verschleiert, ihre einzige Sorge gilt dem Leichnam Jesu. Das darf nicht sein, dass sie diesen geschändet haben, es muss einen Ort geben, wo er in Frieden liegen darf und zu dem sie gehen kann in ihrer Trauer.

Die Todesgrenze überschritten

Ihr Blick geht vom Grab weg zurück in die Welt und sie sieht Jesus und meint, es sei der Gärtner. Von allen Seiten ist sie umgeben – vor ihr, in Richtung Tod stehen die Engel – hinter ihr, in Richtung Leben steht der Auferstandene. Wieder stellt sie die Frage nach dem Leichnam und da hört sie ihren Namen. Er kennt sie mit Namen – damals und heute und über den Tod hinaus. Das öffnet ihr die Augen, sie will ihn berühren, festhalten, doch das darf sie nicht mehr. Er hat die Todesgrenze überschritten.

Das ist nicht das Ende, sondern der Anfang einer neuen Beziehung – einer Beziehung, die keiner mehr zerstören kann. Und er gibt ihr ein Versprechen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Und das bedeutet: So wie ich ein Kind Gottes bin, so seid ihr auch Kinder Gottes, so wie ich aus dem Totenreich geholt wurde, so werdet auch ihr aus dem Totenreich geholt werden, so wie ich zum Ursprung des Lebens zurückkehre und lebe, so werdet auch ihr zum Ursprung des Lebens zurückkehren und leben.

Und dann bekommt Maria von Jesus den Predigtauftrag: Geh zu meinen Geschwistern nach Jerusalem und erzähle, was ich dir gesagt habe. Maria nimmt diesen Auftrag an, sie geht und verkündigt die frohe Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi und wird so zur Apostelin. In frühen christlichen Gemeinden wurde Maria Magdalena noch als eine Apostelin verehrt, unter ihrem Namen wurde ein Evangelium geschrieben und Gemeinden haben sich nach ihr genannt. Mit der fortschreitenden Institutionalisierung der Kirche wurden die Frauen immer mehr in den Hintergrund gedrängt, bis sie gänzlich aus dem Predigtamt beseitigt wurden. Heute stehen sie wieder auf den Kanzeln und verkünden die Auferstehung der Toten, so wie es Jesus sie gelehrt hat.

Ruth Misselwitz ist Pfarrerin in der Kirchengemeinde Alt-Pankow, Berlin.

Predigttext am Ostersonntag: Johannes 20,11–18


11 Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab 12 und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. 13 Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. 14 Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. 15 Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen. 16 Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! 17 Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. 18 Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.

Jule | 03.28.13 | die Kirche |

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